19
Sep
2004

Kann man - darf man?

Gestern also Der Untergang im Ravensburger Burgtheater (da haben die Jungs zur Zeit eine kleine Ausstellung über das Kino und seinen Gründer Burth aufgebaut).
Eindruck: Unterhaltsamer Film, relativ gut gedreht (bis auf das A...loch mit seinem Mikro zu Beginn des Films scheinen alle recht gute Arbeit geleistet zu haben) mit hervorragender deutscher Schauspielerriege. Sticht in Sache Kurzweil fast das ganze Hollywood-Programm dieses Jahres aus. Soweit so gut.
In Deutschland ist jetzt aber ein Film über Hitler immer etwas zu recht Kitzliges. Sprich darf man dieses A...loch im Film zeigen und wenn ja, wie. Dazu nur kurz: Film macht alles, ob er es nun darf oder nicht. Letztendlich ist die Herangehensweise an einen Film elementar, sprich wie wird er vom Zuschauer interpretiert - das ist entscheidend. Der Otto-Normalo-Deutsche dürfte über die NS-Zeit gut informiert sein. Sprich er weiss, was ungefähr lief. Er weiss sicherlich, das die Deutschen mehr als berechtigterweise die Bad Guys waren. So sollte er also auch im Hinterkopf behalten können, dass die Jungs, die da im Bunker agieren, allesamt Täter sind, die Millionen mordeten. Der Film macht anfangs keine Anstalten, diese Tatsache dem Publikum näherzubringen. Und bis aufs Dölf'le outen sich wenige mit Kommentaren über die menschenverachtende Ideologie, für die sie stehen (ausgenommen sei hier das Göbbelspaar). So scheint es, als ob ein Wahnsinniger viele Besonnene um sich herum hat, für die man Mitleid empfinden kann (immer die Frage im Hinterkopf: Würde ich mich in dieser Situation nicht ähnlich verhalten?). Genau das ist das Manko des Films: Das absolut Böse wird auf einen Mann konzentriert (Ganz macht seine Sache hervorragend). Das Drumherum läuft zwar mit, aber widerwillig. Das Schwarze Schaf lässt grüssen. Diese Art, sich von Schuld loszusagen ist immer noch populär, weil sie eben so einfach ist. Schade, dass es sich Eichinger so einfach gemacht hat. Es ist aber nicht verwunderlich. Eichinger-Produktionen sollten schon immer ein grosses Publikum ansprechen. So dachte man auch beim Untergang in anderen Dimensionen. Man sollte sich nichts vormachen. Viele Deutsche wollen Unterhaltung, viele können mit einer Schuld wie den NS-Verbrechen nicht umgehen und viele wollen einen Schlussstrich setzen. Für all diejenigen ist der Film gemacht. Das zeigt auch das Interview mit Traudl Junge zu Beginn und am Ende des Films (sie war die Sekräterin des Führers). Naiv ist noch nett ausgedrückt. Wir haben dieses Ausmass nie geahnt, sagte sie. Dazu fällt mir nur Schindlers Liste ein: Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt. Letztendlich sind die Zahlen nicht ausschlaggebend. Gerade in ihrer Position dürfte sie sehr wohl mitbekommen haben, was läuft. Der Verdacht, dass sie sich wie Leni Riefenstahl aus ihrer Schuld herauswinden wollte liegt sehr nahe. Es ist eben nicht einfach, mit einer Schuld zu leben und das ist auch gut so. Es ist sozusagen noch ein letztes Quäntchen Gerechtigkeit. Ob gewollt oder nicht: Der Film kann dazu benutzt werden auch diese letzte Sühne auszuhebeln. Hirschbiegel/Eichinger müssen sich das vorhalten lassen - zu Recht!
Interessanterweise findet die nachgestellte Schlacht um Berlin in St. Petersburg statt. Sie ist opulent in Szene gesetzt. Der Terror der letzten Kriegstage kann man zumindest schon erahnen. Neben Ganz ist der Häuserkampf einer der gelungenen Elemente des Films.
In Sache Geschichtsaufarbeitung darf man den Film getrost links liegen lassen und auf die neue Sophie-Scholl-Verfilumg warten. Hier darf die deutsche Volksseele auch mal berechtigterweise ihre Wunden lecken. Handelt er doch von einer der ganz wenigen deutschen Heldentaten während der Nazi-Zeit.
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Skaif Yomonul

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