29
Okt
2003

Messner

Gestern abend bei der Videorecorder-IBN bin ich auf den Tele Züri Sender gestossen. Normalerweise interessieren mich solche Lokalsender sehr wenig. Viel Sehenswertes gibt es da bekanntlich nicht, ausser man will die hiessigen Klempner und Freudenhäuser am Bildschirm kennenlernen. Nur hatte ich Glück und ich zappte gerade vorbei, als Reinhold Messner interviewt wurde. Warum der gute Mann sich schon auf solches Niveau herunterlässt, bleibt sein Geheimnis. Auf jeden Fall verteidigte er sich gegen die Anschuldigungen von "Bergkollegen", die ihm den Tod seines Bruders am Nanga Parbat in die Schuhe schieben wollen. Darüber kann man jetzt denken was man will. Da wird wohl recht viel Schmutz geworfen und vermutlich hat Messner gar nicht so unrecht, wenn er vermutet, dass da einfach ein paar Neider ihm seinen Erfolg missgönnen oder einfach die Chance nutzen, in seinem Fahrwasser durch zweifelhafte Methodik auch noch zu Ruhm und - wohl eher - hoher Buchauflage zu gelangen. Fakt ist, dass wohl niemand so ganz genau herausfinden wird, was da geschah. Und ganz davon abgesehen, interessiert es mich auch nicht. Was mich allerdings störte, und dazu musste ich kein Buch eines Neiders lesen, war die Art Messners. Er redete gehetzt, als ob er den Beruf eines Börsenbrokers ausübte anstatt Expeditionen in die entlegendsten Winkel dieses Planeten durchzuführen. Die Gelassenheit der Natur, die zeitlose Eleganz der Berge, die Gemächlichkeit, mit der sich das Erscheinungsbild der Erde ändert, sprich die Werte, die er so schätzt an seinem Idol, er strahlt sie nicht aus. Schlimmer - er scheint die Zivilisationskrankheiten, an denen wir noch schwer leiden werden, hinauszutragen an die Plätze dieser Welt, die noch unverseucht sind. Wenn er wirklich so ist, wie er sich gestern gab, dann ist seine "Umweltverschmutzung" genauso schlimm, wie wenn jemand leichtfertig sein Kaugummipapier auf dem Gletscher wegschmeisst. Und dann kam noch etwas, was mich erschauern lies. Es ist bekannt, dass Messner die kürzlich verstorbene Leni Riefenstahl verehrt. Und auch in diesem Interview machte er keinen Hehl daraus, wie sein Dogma lautet: Nur der Stärkere kann führen. Nur die Starken überleben. Dieses sein Dogma vertritt er anscheinend neuerdings auch vor Managern aus aller Welt. Er verkauft jetzt Managerkurse. Sollte er damit Erfolg haben, dann sieht es mal wieder etwas düsterer aus auf dieser Welt. Dann haben die Kleinen und Schwachen ausgeschiessen auf dem freien Markt.
Der Mann ist legendär, keine Frage. Geht der Mann über Leichen, das fragen sich viele. Der Mann ist auf jeden Fall gefährlich für eine funktionierende Gesellschaft, dass weiss ich seit gestern.
Zorra - 29. Okt, 10:25

Warum der gute Mann sich schon auf solches Niveau herunterlässt, bleibt sein Geheimnis.

Dieses Geheimnis löst du weiter unten im Text selbst.

ferromonte - 29. Okt, 10:42

da gibt es personen,

die wirklich gefährlich sind für eine "funktionierende" gesellschaft, was auch immer das heißen soll. aber warum einen alternden egomanen und extrembergsteiger dazuzählen? das finde ich ein wenig übertrieben. mein gott, messner hält manager-schulungen ab, wie schon vor 10 oder mehr jahren. er tut eben so manchens, um geld zu verdienen, wie die meisten menschen hier. da ist er nicht gefährlicher als gewisse poltiker, die dauernd in den medien vorzeigen wie man ein richtiges arschloch wird und erfolgreich damit ist.
die geschichte mit seinem bruder günther am naga parbat ist eigentlich für jeden recherchierbar, wenn er sich dafür interessiert. die anschuldigungen existieren nicht zu unrecht und kamen erst in jüngster zeit, weil messner, der den tod seines bruders nie verkraften konnte (...) seine damaligen expeditionskamerden unlängst für dessen tod verantwortlich machte. das wurde denen zu viel, nachdem sie viele jahre trotz besseren wissens geschwiegen hatten. irgendwann platzt einem eben der kragen und man beginnt sich zu verteidigen und die dinge klarzustellen.

skaifyomonul - 29. Okt, 13:53

Gefährlich weil Idol

Viele Menschen suchen Idole. So werden auch einige zu Messner hochblicken, ihn verehren und alles für bare Münze nehmen, was er von sich gibt. Es ist kein Problem, wenn am Stammtisch Saufideologien diskutiert werden. Wenn man aber Bücher in hoher Auflage unter die Menschen bringt, dann ist man mit seiner Ansicht nicht mehr alleine. Da ist Messner sogar wesentlich "populärer" als manch ein Politiker, dessen Memoiren oft nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Deswegen bleibe ich dabei.
Zur Nanga Parbat Mission: Wenn mir als "Kollege" wirklich der Kragen platzt, dann gehe ich zu dem "Freund" und sag, er ist ein Depp. Dann fühle ich mich wieder gut. Warum man aber heutzutage seine Streitsucht literarisch ausfechten muss, ist mir ein Rätsel. Wenn ich ein Buch lese, dann ist es mir recht wurscht ob Mr. A Mr. B nicht leiden kann. Streit hab ich genug um mich herum, den brauche ich nicht auch noch in Büchern.
ferromonte - 29. Okt, 14:52

ok, das

mag man sehen wie man es eben sieht - idole etc.
aber popstars etwa sind dann wesentlich griffigere idole, die verwirrung und mist bewirken können bei einer breiten masse an jugendlichen, oder? jugendliche nehmen dinge oft viel ernster als ältere ... aber egal.
nangna: messner hat begonnen unwahrheiten über seine kameraden zu publizieren. dem muß man entgegnen, weil es öffentlich ist. daß die buben damals und neulich untereinander auch reden, kann man annehmen. aber manchen menschen können eben nicht kommunizieren, nicht nur in messners umgebung.
anyway, bleib ruhig bei deiner meinung, ist ok. :)
skaifyomonul - 29. Okt, 23:40

Kenne den Streit nicht ...

... reagiere aber irgendwie recht sensibel, wenn manch einer denkt, er muss seine dreckige Unterwäsche öffentlich waschen. Da ist es mir recht wurscht, ob derjenige Messner oder sonstwie heisst. Persönlich gestört hat mich jedoch er selbst, wie er sich in dem Interview gab. Dieser Eindruck bleibt, alles andere ist für mich Grauzone, die nicht sonderlich interessiert. Jeder muss selber wissen, ob er sein Leben im Berg riskiert oder nicht und auf wen er dabei vertraut.
Morrissey - 30. Okt, 10:19

Die Denke,

dass nur der Stärkere gewinnt und weiterkommt, die ist im Wirtschaftsbereich keine neue Erfindung.

Die Leute von Bosten Consulting Group, Roland Berger und andere Unternehmensberatungen, die teils Erlebnisseminare mit Messner veranstalten, sind schon so eingenordet, da brauch Messner nicht mehr als Idol herhalten.

Das Helfen der Schwächeren und sowas wie ein soziales Gewissen geht bei unserer Gesellschaft doch immer weiter zurück.

Aber was hast Du eigentlich gegen Leni Riefenstahl? (c;

skaifyomonul - 30. Okt, 17:36

Eigentlich nichts mehr ...

... die Schrumpelmaus ist ja endlich tod ;-)
Morrissey - 31. Okt, 11:29

Also, wenn ich mir folgende Seite anschaue,

Prima moderne christliche Werte

dann ist die Geschichte mit Messner noch harmlos. Es handelt sich hierbei übrigens um eine CDU-nahe Gruppe. Besonders "toll" finde ich die Aussagen im unteren Teil der Seite, das mit dem "heiligen Deutschland" etc.
Da erscheinen Aussagen, in denen auf andere islamisch geprägten Länder mit dem Finger gezeigt wird, wenn es um die Verknüpfung zwischen Religion und Politik geht, in einem ganz neuen Licht (c;

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